Autor: Violetta

Glanz und Gloria ist bei großen Unternehmen garantiert? Würden wir so direkt nicht unterschreiben. Warum? Weil am Ende unserer Geschichte deutlich wird, dass die Redewendung „klein, aber oho“ nicht von ungefähr kommt.

Viele Berufseinsteiger stehen vor der Frage, ob sie in einem großen oder eher kleinen Unternehmen arbeiten möchten. Tatsächlich sollte sich jeder darüber im Klaren sein, welch immenser Unterschied zwischen beiden Unternehmensgrößen herrscht. Nicht nur die Strukturen, sondern auch die Kommunikationsmittel und das Maß an (gewollter) Eigenverantwortung sollten dabei unter anderem in Betracht gezogen werden. Außerdem sind Erwartungen an ein internationales Unternehmen, wie die Teilnahme an wichtigen Meetings oder Geschäftsreisen um die Welt, doch utopisch groß. Ich wollte einen Vergleich ziehen können, der auf meinen eigenen Erfahrungen beruht, bevor ich nach Studium und Praktika in den „Ernst des Lebens“ eintauchte. So verschwand ich – nach dreimonatigem Praktikum und anschließender Werkstudententätigkeit – zunächst von saaltos Bildfläche, um ein sechsmonatiges Praktikum in der Marketingabteilung eines großen Unternehmens zu absolvieren und mir damit ein Bild von der Arbeitskultur in einem Konzern machen zu können. Der Abschiedsschmerz in der kleinen PR-Agentur am Rande der Stadt war groß, aber was sein muss, muss sein… Und das sahen zum Glück alle so, sodass wir uns – ich nehme es vorweg – nie wirklich aus den Augen verloren.

Angekommen in der Konzernwelt fällt einem selbstverständlich der Größenunterschied zu bisher Bekanntem auf: Während ich zweieinhalb Jahre lang mit dem gesamten Team in einem Büro saß, brauchte ich ab sofort zehn Minuten, um über den Campus zu laufen und in ein anderes Gebäude zu gelangen. Natürlich war der Geschäftsführer für mich unerreichbar – ich sah ihn nur ein, zwei Mal, wenn er die Bühne betrat, um den Arbeitnehmern in einer motivierenden Rede vom Erfolg des Konzerns zu berichten, nur um danach direkt wieder im Backstage-Bereich zu verschwinden. Verständlich, er hat schließlich auch alle Hände voll zu tun, ein solch riesiges Unternehmen zu führen. Dennoch ungewohnt für mich, kannte ich es doch nicht anders, als von den Besten des Unternehmens zu lernen, indem ich mit dem Stuhl einfach einen Meter nach links oder rechts rutschte und über die Schulter gucken durfte.

Getreu dem Motto „Learning by doing“ wurden mir in der kleinen Agentur fördernde und durchaus ernstzunehmende Aufgaben gegeben, an denen ich lernen und grundlegendes Wissen aufbauen konnte. Anrufe bei Redaktionen? Klar, mach‘ mal! Eine Pressetour protokollieren? Sehr wichtig, schließlich werden die Infos für das weitere Projekt benötigt. Auch der Großkonzern befolgte dieses Motto – jedoch betraf mein Aufgabenfeld überwiegend die Arbeit im Lager: Jede Kiste musste „asap“ ausgepackt werden und war „very important“. Ach so, ein Kollege bräuchte auch noch einen Praktikanten im Lager, eigentlich sofort.  Dahingegen freute ich mich stets auf Meetings oder Telefonkonferenzen mit der Kreativagentur, um wenigstens dort einen kleinen Einblick in die Vorgehensweise, Struktur und Arbeit der Abteilung erhaschen zu können. Dabei lerne ich: Die Kommunikation hier findet definitiv nicht auf gleicher Ebene statt.

Apropos Kommunikation. Diese spielte in meinem Vergleich beider Unternehmensgrößen eine wesentliche Rolle – schließlich wurde ich arbeitstechnisch in der PR-Welt „großgezogen“ und weiß um die Wichtigkeit des engen und agilen Austausches mit Kollegen, Kunden und Partnern. Leider musste ich feststellen, dass die Interaktion in einem Großkonzern meist auf nervenzerrend langen E-Mail-Schleifen beruht, sich aber kaum jemand die Zeit nimmt, eine E-Mail wirklich durchzulesen geschweige denn zu beantworten. Fragen werden bestenfalls geklärt, wenn diese in einem hierfür angesetzten Meeting gestellt werden.

Natürlich variiert ein Praktikum von Unternehmen zu Unternehmen und gerade bei einem Riesenkonzern kann die Erfahrung in der Marketingabteilung C eine ganz andere sein als in der Marketingabteilung D. Dennoch konnte ich feststellen, dass ich mit den mir wichtigen Kerneigenschaften – Zuverlässigkeit, einheitlicher und stetiger Kommunikationsfluss, Unterstützung und Förderung sowie die Bereitschaft, sich die Zeit für den anderen zu nehmen – bei einer kleinen Agentur definitiv rechnen kann.

Mein erster Schritt in die PR-Welt war mit einem Praktikum bei einer dreiköpfigen Agentur getan. Drei Monate später durfte ich bereits Veranstaltungen besuchen, Gespräche mit Kunden führen und die Agentur vertreten. Heute, fast vier Jahre später, bin ich als PR-Projektmanagerin in die mittlerweile fünfköpfige Agentur zurückgekehrt. Und kann zufrieden behaupten, damit die richtige Entscheidung getroffen zu haben.