Autor: Konstanze

Mitleidige Blicke, als hätte man eben die Scheidungsunterlagen unterschrieben: „Und, wie geht’s Dir so?“, war wohl eine der häufigsten Fragen derjenigen, die mitbekamen, dass Sandra einen Ortswechsel nach Düsseldorf anstrebte. Wider Erwarten habe ich überlebt, Kollegen. Und führe endlich mal wieder eine Fernbeziehung, die wirklich gut funktioniert.

Sind wir mal ehrlich: Keiner muss bei uns festgetackert am Schreibtisch sitzen, um seinen Job zu machen. Das stationäre Büro ist zwar gut, weil man Kollegen hat, die einen umgeben, aber eigentlich kann ich genauso gut im ICE in Begleitung Wildfremder meiner Arbeit nachgehen. Denn, und das ist ganz wichtig, die Deutsche Bahn hat in den ICEs jetzt WLAN. Und das funktioniert tatsächlich. Den Beweis erbringe ich übrigens gerade, während ich nach Düsseldorf zu Sandra fahre. Naja, noch stehe, denn neben den üblichen Störungen am Triebfahrzeug biete ich heute auch noch einen Notarzteinsatz an der Strecke, der einige Minuten und eine Umleitung kosten wird. Aber sonst…

Laptop, Smartphone – damit habe ich das Büro immer bei mir. Diejenigen, die unken, dass man auf keinen Fall so konzentriert arbeitet wie im Office oder man sich sicher ständig Pausen nimmt und nur vor sich hinträumt, dem sei gesagt: Wer keinen Bock hat, der hat keinen Bock, völlig egal, ob am Schreibtisch, im Zug oder am Strand. Und diese Leute hat man bestenfalls schon in der Probezeit enttarnt und entweder Konsequenzen gezogen, oder es so hingenommen, oder?

Also: Das rein Berufliche ist zumindest keine große Herausforderung. Und auch das Persönliche, das Sandra und mich immer verbunden hat, wie jeder weiß, überlebt Distanzen. Ja, der Austausch ist ein anderer. Wo wir früher per Schnaufen, Quieken oder Grunzen über die Tische hinweg kommuniziert haben, muss heute Skype herhalten. Damit sind natürlich Zwischentöne kaum wahrnehmbar, man erkennt nicht, wann jemand wirklich gar keine Zeit für einen schnellen Chat hat, wann jemand gerade am Telefon ist, wenn jemand von einer Idee gar nicht begeistert, total angetan oder einfach mies gelaunt ist (Letzteres kommt selbstverständlich nie vor. Nie!). Und manchmal sagt man dann auch den ganzen Tag nichts außer „Guten Morgen“ und „Bis später oder morgen, wir hören uns ja auf jeden Fall“.

Das fällt auf – und es ist dann an einem selbst, einfach mal den Hörer in die Hand zu nehmen und zu telefonieren wie in der guten alten Zeit, aller Digitalisierung zum Trotz. Nicht umsonst nenne ich unseren aktuellen Status „Fernbeziehung mal anders“, denn es ist schon sehr ähnlich: Ich darf mich nicht aufs Wochenende oder einen festen Termin verlassen, an dem der Himmel dann schon wie von selbst voller Geigen hängt. Ich muss eben auch was dafür tun, wenn ich den wie auch immer definierten Partner eine, zwei, drei Wochen nicht sehen kann. Für mein Empfinden bekommen wir das gut hin. Wo wir früher unterschiedlich waren, sind wir es noch heute. Wo wir uns einig waren, sind wir uns bis heute einig. Wo wir gemeinsam in Lachen ausgebrochen sind, tun wir das genauso heute.

Ziemlich romantisch, oder?