Bild_Influencer

Von: Konstanze

Vor knapp zwölf Stunden habe ich zu einem unserer Kunden gesagt: „Wenn ich nur täglich Locken aufdrehen und mich in Zartrosa selbstdarstellen muss, um eine Menge Geschenke und die Kohle einzuheimsen – ich mach’s! 😃“ Das war, nachdem ich ein Angebot für zwei Posts und eine Story eingeholt und mich bei den Preisen mal eben ans Atemgerät gehängt habe.

Ich habe dann nochmal drüber nachgedacht und mich umentschieden. Erstens bin ich Zartrosa entwachsen, zweitens finde ich Bilder von mir unerträglich, drittens möchte ich nicht so verwechselbar sein. Denn schaut man sich aktuell mal intensiv auf Instagram um, wird man quasi von Zartrosa, eingedrehten Locken und #werbung erschlagen. Jeder kann ein Model sein, das mit „Produkt in die Kamera halten“ und „total in looooove“ sowie Zehenspitzen aufstellen richtig Umsatz macht. Da ist dann zwar der Individualismus hin, aber das Konto stimmt.

Tu es für die Werbung, sei bloß nicht Du selbst!

Ganz schön bescheuert, oder? Vor allem, wenn man das auf die Straße überträgt. Da sehen nämlich inzwischen auch alle gleich aus. Von „False Lashes“ über „Camouflage“ und „Balayage“ bis hin zur schnöden Jogginghose, die mit dem richtigen Label als ausgehfein durchgeht: absolute Verwechselbarkeit.

Wer will das denn? Marken wollen das. Denn je mehr sich das Publikum ein Vorbild nimmt, desto besser lassen sich Dinge verkaufen. Wenn Rosa 1 also die Locken nur mit diesem einen bestimmten Supershampoo pflegt und außerdem ohne diese grandiose Kaffeemaschine von #werbung #marke kaum durch den Tag kommt, dann greift Rosa 2 bestimmt auch bald zu. Was soll man sagen: Der Plan geht auf! Immer mehr Unternehmen setzen auf Influencer-Marketing und die Preise für deren Arbeit schnellen abhängig von Reichweiten, Clicks und Co. in die Höhe.

Hey, aber…

Jeder Generation hat ihre Vorbilder, oder? Da gab es die magere Twiggy mit Storchenbeinen, schon wollten alle so sein. Hat man schließlich in der einen bestimmten Zeitschrift gelesen. Woodstock flimmerte über den Bildschirm und alle mussten die schlimmsten Klamotten ever tragen, um dabei zu sein. Bitte, lasst uns bloß nicht über die 90er sprechen, wie sahen wir denn bitte mit diesen fürchterlichen Buffalo-Betonfüßen aus?! Mama hat’s gleich gesagt.

Was ich sagen wollte

Wenn ich jetzt nochmal so in mich gehe, bin ich natürlich auch heute nicht gefeit davor, ebenfalls dem Medienwandel (ja, darauf läuft dieser Blogbeitrag raus) und damit auch dem Werbewandel zu erliegen. Ich springe nur, und jetzt wird es schlimm, auf mehr als Social Media an. Nämlich auch noch auf Print- und Online-Magazine. Und auf TV-Werbung. Ich bin also eigentlich das viel größere Werbeopfer. Nur das mit dem Zartrosa und so, das verkneife ich mir wirklich.

 

P.S.:

Liebe Influencer,

ich kann wirklich anerkennen, dass Ihr arbeitet und nicht nur ein bisschen Fotos macht. Einige von Euch sind so erfolgreich, dass sie von Termin zu Termin eilen, international aktiv sind, ohne Management den Überblick verlieren. Dass Eure Arbeit also auch bezahlt werden sollte: einverstanden. Nichts anderes, als wenn ich ein Model oder einen TV-Spot oder ein Shooting oder irgendeine andere Marketing-Maßnahme buche. Aber könnt Ihr vielleicht von Zartrosa auf, sagen wir mal, Hellgelb umschwenken? Oder gar jede für sich etwas machen, das wirklich ihr entspricht? Ich glaube nämlich, dass deswegen die Aufträge nicht ausbleiben würden. Und es wäre so schön! #fürmehrrealitätaufinstagram