Satzzeichen können Leben retten – auch meins!
Autor: Sandra
Jeder schleppt ja so seine kleinen und größeren Macken mit sich herum. Seien es unbewusste Geräusche, die andere Menschen (denen sich die ureigene Kopfkirmes gerade nicht erschließt) gerne mal als Tick abtun, der Zwang, Dinge immer (und ich meine IMMER) parallel anordnen zu müssen oder aber auch alles – vom Wochenendtrip bis zum Einkauf im Drogeriemarkt nebenan – in Excel-Listen festhalten und planen zu müssen. Zugegeben, auch ich habe einen Tick, den ich aber lieber als berufsbedingten Fetisch bezeichne: Satzzeichen.
Klar, fast jeder hat ihn mittlerweile schon einmal gehört oder gelesen: den eindeutig erbrachten Beweis, dass Satzzeichen Leben retten können. Nämlich in Form des Satzes „Komm wir essen Opa.“ Je nachdem, an welcher Stelle ein Komma gesetzt wird, verändert sich der Sinn des Satzes von der Aufforderung an den Großvater zum gemeinsamen Familienessen hin zur kannibalischen Attacke auf denselben.
Aber so abstrakt müssen wir das Thema gar nicht angehen. Es genügt ein Blick in die sozialen Netzwerke. Ist Euch mal aufgefallen, wie viele Beiträge und Kommentare unter völliger Ignoranz sämtlicher grammatikalischen und semantischen Regeln auf die Allgemeinheit losgelassen werden? Und das, obwohl wir mit der Rechtschreibreform von 1996 unserer ach so komplizierten Sprache doch schon den Kampf angesagt haben. Aber auch das scheint in der alltäglichen Verwendung schriftlicher Kommunikation keine Berücksichtigung zu finden. Warum sonst erhalte ich täglich sowohl Mails als auch Briefe und Botschaften über alle möglichen Kanäle, die neben der Groß- und Kleinschreibung auch Satzzeichen enthalten, die so willkürlich gesetzt sind, wie ein Ass Boris Beckers 25 Jahre nach seinem letzten Wimbledon-Triumph? Von formalen Dingen wie Anrede oder Grußformel vermag ich an dieser Stelle gar nicht zu sprechen…
Und nun muss ich mich outen: Ich bekomme wirklich (WIRKLICH!) die Krise, wenn ich sehe, wie roh und uncharmant heutzutage mit der guten alten Sprache umgegangen wird. Nennt mich altmodisch, aber ich versuche, meinem Kommunikationspartner mit Respekt zu begegnen und diesen durch fehlerfreie Texte auch auszudrücken. Zugegeben, in der verbalen Kommunikation geht das im Eifer des Gefechts auch mal schief, aber sobald ich mich schriftlich äußere, erlaube ich meinem Kopf naturgemäß, sich ein wenig Zeit zum Denken zu nehmen. So weit, so gut. Aber wo genau ist nun das Problem, werdet Ihr Euch sicherlich fragen.
Das Problem liegt ganz einfach in der zwanghaften Berufskrankheit, ständig dem Verlangen widerstehen zu müssen, wild in Texten, Kommentaren und E-Mails herum zu korrigieren. Man ertappt sich gerne dabei, inhaltlich sinnvolle Beiträge lieber mit gemeiner Bissigkeit und Besserwisserei zu versehen, als sich auf die inhaltliche Ebene zu konzentrieren. Hinzu kommt die Allergie gegen weitere Schlampigkeiten wie beispielsweise den sinnentleerten Gebrauch von „das – dass“ oder auch „seid – seit“. Ich weiß, das alles könnte ein wenig kleinlich wirken. Wer aber tatsächlich von dieser heftigen Aversion gegen, entschuldigt den Ausdruck, „dahingerotzten“ Texten befallen ist, der weiß, wovon ich rede. Ich brauche also Hilfe. Dringend. Ebenso meine Mitstreiterinnen, die sich und mich immer wieder gegenseitig anstecken.
Und so zieht eine kleine Initiative namens saalto in die Welt, um im Land der Dichter & Denker zumindest für ein bisschen sprachliche Ästhetik zu kämpfen. Wir freuen uns über Unterstützer. Aber bitte wundert Euch nicht, wenn Euch plötzlich zusätzlich das Thema „Schnodderschnauze“ begegnet. Das allerdings steht auf einem anderen Blatt und betrifft Euch auch nur, wenn wir uns mal persönlich sehen…