Autor: Konstanze

Keine Anzeigenschaltung in Medien, in denen Hass sich ungestört verbreiten kann. Gute Idee! Das findet wohl auch Mark Zuckerberg, der nach dem Boykott von inzwischen mehr als 90 Unternehmen Maßnahmen verspricht. Aber lasst uns auch nochmal näher hingucken, wer das Mediabudget für Facebook, Instagram, Twitter und Co. gestrichen bzw. vorübergehend ausgesetzt hat, ja?

  • Unilever: 2011 und 2017 sah sich Unilever selbst dem Vorwurf des Rassismus gegenüber, als sich zum Beispiel in einer Kosmetikwerbung eine dunkelhäutige Frau beim Ausziehen des T-Shirts in eine weiße Frau verwandelte. 2016 sprachen die Medien von Kinderarbeit und schlechter Behandlung der Arbeiter, insbesondere von Frauen. 2018 folgte schließlich der fast obligatorische Palmöl-Skandal.
  • Coca-Cola: 2014 hatte der gut gemeinte Superbowl-Spot durch die darin gezeigte Vielfalt eine breite Masse angestachelt, sich lautstark rassistisch zu äußern. 2015 musste das Unternehmen in Mexiko einen Spot zurückziehen, weil sich die indigene Bevölkerung als „kulturell minderwertig“ dargestellt empfand. 2016 und 2017 kommt Coca-Cola (Pepsi ebenso) ins Gespräch, weil es Grundwasser indischer Dörfer sowie das Wasser der Flüsse für die Produktion ihrer Softdrinks nutzt. Die Bauern dort haben deswegen kein Wasser mehr für ihre Tiere, geschweige denn für sich selbst. Andernorts wiederum leidet die Gesundheit wegen der Zutaten. Und die Dosen, die immer kleiner und immer mehr werden, tun ihr Übriges in Sachen Umweltverschmutzung und Ressourcenvergeudung.
  • Starbucks: 8.000 Starbucks-Filialen machten im Mai 2018 dicht, um die Belegschaft in Sachen Rassismus zu schulen. Das war notwendig geworden, weil es in Philadelphia zu der Verhaftung zweier schwarzer Männer gekommen war. Sie hatten bei Starbucks auf einen Kollegen gewartet und so lange nichts bestellt. Und sonst? Ach ja, Fairtrade ist nur ein bisschen fair, die To-go-Becher verschmutzen die Umwelt, die Getränke sind voll verstecktem Zucker und Steuerzahlungen in der EU sind auch nicht so richtig angesagt beim Kaffeeriesen.
  • Hershey: Ich kürze ab: Kinder- und Zwangsarbeit bei Kakao-Lieferanten, Mitte der 80er der Rausschmiss eines HIV-infizierten Jugendlichen von der eigenen Hershey-Schule in Philadelphia. Ansonsten aber recht skandalfrei.
  • Honda: 2020 kommt raus, dass Honda wohl doch auch in den Abgas-Skandal verwickelt ist. 2016 stand der Konzern außerdem wegen mangelhafter Airbags seines Lieferanten unter Beschuss, die in Japan zu zahlreichen Todesopfern führten.
  • The North Face/Patagonia: Die Outdoor-Marken fielen ebenfalls wegen der Ausbeutung von Arbeitern in den Textilfabriken negativ auf. Hinzu kommt bei The North Face mit Chemikalien belastete Kleidung, die Umwelt und Menschen schadet. Dagegen mutete die Schleichwerbung 2019 auf Wikipedia fast albern an. Damals wurden Landschaftsbilder einfach durch Landschaftsbilder mit Logo ausgetauscht.

Unser Vorschlag: #StopAllOfThatForProfit
Hass und Rassismus etwas entgegenzusetzen, da sind wir uns wohl einig, ist voll und ganz unterstützenswert. Insofern stelle ich auch keineswegs die Kampagne als solche in Frage. Mit den Augen der PR-Beraterin betrachtet, frage ich allerdings nach der Glaubwürdigkeit: Nicht jede Beteiligung an einer guten Sache bedeutet, dass das jeweilige Unternehmen grundlegend „gut“ ist. Damit möchte ich nicht in Abrede stellen, dass die hier genannten Firmen aus eigenen Fehlern gelernt haben und für die #stop-Botschaft einstehen. Doch der Verdacht des „sich Reinwaschens“ liegt trotzdem nah, wenn man sich das durchaus von Profit getriebene weitere Verhalten ansieht. Wie man das ändert? Nicht durch Image-Kampagnen, sondern durch echte Maßnahmen wie zum Beispiel die Durchsetzung und Überprüfung fairer Produktionsbedingungen – selbst, wenn dadurch gegebenenfalls der Profit sinkt. Und wir Verbraucher? Sind genauso gefordert, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen.

Damit der Stopp nicht nur eine vorübergehende Pause ist.