Von Veröffentlichungsgarantien und Backlink-Zusagen oder: Ohne unternehmensinternen Hellseher sind wir leider aufgeschmissen
Autor: Yvonne
Habt Ihr schon einmal versucht, Image, Vertrauen und Sympathie zu zählen? Ihr findet diese Frage merkwürdig? Danke! Denn dann stehen die Chancen gut, dass Ihr zu den Menschen gehört, die um die Schwierigkeiten wissen, den Erfolg von PR-Arbeit in Excel-Tabellen und Diagramme zu packen. Schon Albert Einstein wusste: „Nicht alles, was zählt, kann gezählt werden und nicht alles, was gezählt werden kann, zählt.“ Klingt einfach. Und trotzdem erleben wir es immer wieder, dass sich diese Logik nicht jedem erschließt.
Leider stehen sich Kundenerwartung und PR-Realität manchmal diametral entgegen. Unternehmen, die mit PR-Arbeit starten (lassen), wünschen sich dadurch eine Umsatzsteigerung. Soweit, so gut. Damit gehen wir vollkommen d‘accord, denn PR ist unter anderem ein wichtiger Vertriebsmotor. Wenn es dann aber um konkrete Zahlen wie die Garantie über eine bestimmte Anzahl an Veröffentlichungen oder Backlink-Generierungen geht, müssen wir passen. Nicht, weil wir an unserem Können oder den Produkten oder Dienstleistungen der Unternehmen zweifeln. Sondern weil wir professionelle und authentische Öffentlichkeitsarbeit anbieten. Im Klartext bedeutet das: Wer was wo veröffentlicht, liked oder verlinkt entzieht sich ganz einfach unserer Kontrolle. Wir sind auch gegenüber den Medien Dienstleister und bieten Beiträge an, die Aufmerksamkeit verdient haben. Die Entscheidung darüber, ob sie veröffentlicht werden, können wir dennoch nur in einem geringen Maße beeinflussen, aber letztendlich nicht erzwingen. Auch das ist Pressefreiheit.
Von Anstand und Qualität in der Öffentlichkeitsarbeit
Eine der wichtigsten Regeln im Zusammenhang mit Erfolgsgarantien in der PR-Arbeit bildet Artikel 10 des „Code de Lisbonne“, dem europäischen Kodex für ein professionelles Verhalten in der Öffentlichkeitsarbeit: „Public-Relations-Fachleute dürfen keine vertraglichen Vereinbarungen eingehen, in denen sie ihrem Auftrag- oder Arbeitgeber messbare Erfolgsgarantien abgeben.“
Trotzdem weht uns immer wieder eine steife Zahlen-Brise entgegen. Insbesondere Geschäftsführer oder Vertriebsmitarbeiter tun sich häufig schwer, aus ihrer Welt der harten Fakten aufzutauchen: „Wie viele Veröffentlichungen können Sie uns pro Presseinformation versprechen? Wie viele Backlinks erzeugen Sie mit einem Artikel? Wie viele Likes können Sie uns für einen Facebook-Post garantieren?“ Keine! Und außerdem hätte ich da auch mal eine Frage. Oder zwei: Was genau soll das bringen? So rein qualitativ und langfristig fürs Unternehmensimage? Natürlich ist es wichtig, von der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden und das funktioniert naturgemäß über Veröffentlichungen. Viel wichtiger als die Quantität ist jedoch die Qualität der Berichterstattung. Wenn Ihr die Wahl hättet, für welche der folgenden Alternativen würdet Ihr Euch entscheiden: Zehn wahllose Veröffentlichungen in wenig relevanten Zeitschriften, die einen Interessenten kaum erreichen – oder ein hochwertiger Artikel in einem Key-Medium, der Euch zehn neue Kunden bringt? Puh, schwere Entscheidung…
Damit wir uns nicht falsch verstehen: PR ist ein sehr leistungsfähiges Instrument, um Euer Unternehmen (wieder) in Schwung zu bringen. Seriös und professionell konzipiert und konsequent durchgeführt, unterstützt Öffentlichkeitsarbeit Euren Vertrieb und steigert langfristig Euren Umsatz. Es ist die ausschließliche Fixierung auf Zahlen, die dem Erfolg effektiver Maßnahmen im Weg steht und letztendlich das Projekt „PR-Arbeit“ bereits im Keim erstickt.
Von Déjà-vus und dem täglichen Gruß der Murmeltiere
Da höre ich doch schon wieder jemanden „Werbeäquivalenzwert“ rufen! Noch so ein schönes Wort, das wieder einmal das leidige Thema der Gleichstellung von PR und Werbung aufgreift. Im Gegensatz zu redaktionellen Veröffentlichungen, die man sich verdienen muss, kann der gekaufte Werbeplatz natürlich immer mit vollständiger Kontrolle über Inhalte, Anzahl von Platzierungen und durchweg positiver Tonalität punkten. Das kann Öffentlichkeitsarbeit nicht. Oder habt Ihr schon einmal versucht einem Redakteur vorzuschreiben, was er wie und wann veröffentlichen darf/soll/muss? Das solltet Ihr auch besser nicht tun, wenn Euch Euer Trommelfell und Euer Ruf lieb sind und Ihr Eure Chance auf eine Veröffentlichung nicht auf Lebenszeit verspielen möchtet. Hier kommt es allein auf Qualität, Glaubwürdigkeit, Beziehungsaufbau und Vertrauen an.
Von Sisyphos und der Gnade unendlicher Geduld
Unser gedankliches Windschott hält den oben erwähnten Zahlen-Brisen zwar problemlos Stand, doch unsere Geduld wird auf eine harte Probe gestellt. Nicht nur, dass unsere Münder bereits fusseln, Sisyphos ist ein echter Kieselschubser gegen uns. Mir ist schon klar, dass Menschen, die sich tagtäglich mit der Analyse und Optimierung von Zahlen oder Strategien zur Effektivitätssteigerung beschäftigen, etwas brauchen, an dem sie sich festhalten können. Aber es ist ja nicht so, dass sich der Erfolg von PR-Maßnahmen gar nicht messen lässt. Es ist nur eben etwas Geduld und Umdenken gefragt. Wem das zu kompliziert ist, dem sei die quantitative Analyse in Form von Clippings ans Herz gelegt: Hierbei stellen Medienbeobachtungsagenturen alle Veröffentlichungen eines Unternehmens in allen Medien zusammen. Daraus lassen sich dann ganz hervorragend formschöne (jedoch wenig aussagekräftige) Tabellen und Grafiken erstellen, die jeden Zahlen-Fan jubeln lassen. Allen anderen, die die eigentliche Intention von Öffentlichkeitsarbeit verstanden haben, legen wir Folgendes ans Herz: Durch Methoden wie Imageanalysen, Meinungsumfragen oder Mitarbeiterbefragungen können Aussagen über die Akzeptanz eines Unternehmens in den Zielgruppen getroffen werden. Wissenschaftliche Analysen durch Marktforschungsinstitute bedienen sich dieser Instrumente und messen objektiv die mittel- und langfristige Meinungsveränderung.
Von uns. Ein Tipp. Für Euch.
Daher noch einmal ganz deutlich: Seriöse PR-Agenturen geben keine Erfolgsgarantie in Form von Zahlenwerten zu Veröffentlichungen, Backlinks oder Umsatzsteigerung. Und nicht nur, weil sie es nicht dürfen, sondern vor allem, weil sie es gar nicht können. Wer sich damit nicht abfinden kann, tut vielleicht gut daran, sein Budget in Werbung zu investieren. Damit kann man zumindest kurzfristig Zahlen generieren, ob das Image des Unternehmens und die Akzeptanz in den Zielgruppen in der Folge langfristig steigen, sei einmal dahingestellt. Oder bemüht doch eines der schwarzen PR-Schafe, die reißerisch mit haltlosen Erfolgsgarantien auf Kundenfang gehen. Vergesst jedoch nicht, Euch gleich noch die Lottozahlen für den nächsten Jackpot geben zu lassen…